Der erste Meilenstein

Hoss Houksson, Müller-Thurgau, Alpberg 2020, Naturwein

Angefangen hat das Ganze am Tag der offenen Weinkeller am 1. Mai 2018. Damals war einfach zu viel Betrieb im Weingut von Hoss Houksson, aber ich konnte wenigstens einen ersten Eindruck über das Sortiment und die verschiedenen Weine gewinnen. Ich erinnere mich sehr gerne an meine erste Weinverkostung im Jahr 2019, denn der umtriebige Winzer hat mit seinen eigenständigen, ganz speziellen, herrlich verträglichen und trinkfreudigen Weinen aufhorchen lassen.

Es folgten weitere Verkostungen seiner sich immer mehr auf Biodynamik umgestellten Weine. Der junge, moderne Weinbaubetrieb bewirtschaftet alle Weinberge seit 2018 nach biodynamisch-organischen Richtlinien, entwickelt sich stetig weiter und mit jedem neuen Jahrgang kommen interessante Neuheiten auf den Markt. So auch dieses Jahr der erste Naturwein der Kellerei. Die Umsetzung seiner in der Schweiz noch revolutionären Ideen verfolge ich deshalb besonders gerne.

In der Produktion strebt Hoss nach einem maximalen Ausdruck des Terroirs und des Jahrgangs. Das bedeutet, minimale Eingriffe und einen behutsamen Umgang mit dem Traubengut. Für die Gärung werden die einheimischen Hefen des Weinbergs verwendet und die Weissweine mit der Schale der Trauben vergoren, um mehr Tannine zu erhalten. Tannine sind Antioxidantien, die sowohl dem Wein als auch seinen Konsumenten zugutekommen. Bei der Weinbereitung wird der gesamte Zucker im Saft vergoren. Ferner wird der Säuregehalt auf natürliche Weise stabilisiert. Beides reduziert jegliche Nahrungsquellen für schädliche Mikroorganismen und macht die Weine dadurch robuster. Ganz verzichtet wird auf die Regulierung von Zucker-, Säure- und Gerbstoffgehalt, auf Sulfite und andere Zusatzstoffe. Je mehr der Wein in Ruhe gelassen wird, umso besser kommen das Terroir und die natürlichen Eigenschaften zum Vorschein. Diese Methoden sind für einen klassischen Weinkonsumenten noch nicht alltäglich und bringen ihm neue Typizitäten und Geschmäcker näher, an die er sich zuerst noch etwas gewöhnen muss.

Der Alpberg in Remigen war eine der ersten Parzellen, welche Houksson auf Biodynamik umgestellt hat. Vorher wurden sie konventionell bewirtschaftet und unter anderem mit Glyphosat besprüht, um die Gräser und Blumen unter den Rebstöcken abzutöten. Durch die biodynamische Arbeitsweise verzichtet er auf jegliche Pestizide, Herbizide und Zusatzstoffe. Hoss lässt die Reben für ihre Nährstoffe arbeiten und verlässt sich auf den natürlichen Gärprozess des Weines. Zwischen den Rebzeilen grasen einige Schafe mit ihren neugeborenen Lämmern. Auch sie mit isländischen Namen wie Kolur und Kópurs. Die erste Abfüllung des Müller-Thurgau Alpberg 2020 ist ein grosser Meilenstein auf dem Weg zu terroirgeprägten, reinen, zusatzstofffreien Weinen.

Verkostungsnotizen

Naturwein aus früh geernteten Müller-Thurgau Trauben. Erstaunlich ist der niedrige Alkoholgehalt von 9%. Dieser Wein wurde spontanvergoren und auf der Maische im Stahltank ausgebaut. Er wurde weder filtriert noch geschönt. Unbedingt mit etwas Luft versorgen.

Leicht trübes Orangerot. In der Nase sehr fruchtig, kräftig und würzig. Noten von Orangenschale, Aprikosen, etwas Hefe und minim erdig. Alles wirkt «öpfelig und trübelig». Der saftige, edelherbe Gaumen erinnert mich zuerst etwas an das Aroma von Apfelwein oder Cidre. Dann an Veilchen und er hat minim nussige und oxydative Nuancen. Knochentrockener, herrlich fruchtiger, eleganter Abgang.

Andi Spichtig

Bestellen & Kaufen direkt beim Winzer für CHF 19.50/Flasche resp. 6 Flaschen für CHF 117.00