«Sortenreine Kirschbrände».

Macht Kirsch wieder attraktiv!

Das Schweizerische Schnapsforum organisierte am Samstag 27. Juni 2020 einen ganztägigen Anlass mit dem Thema «Sortenreine Kirschbrände». Über 30 Geniesser von hervorragenden Destillaten fanden sich um 10 Uhr im Stammhaus von Lukas Fassbind in Oberarth ein. Gestartet wurde zum Apero mit einem spritzig, fruchtig, erfrischend prickelnden Kirschschaumwein von Philipp Hotz aus Baar ZG mit dem treffenden Namen CherryBaar. Dazu gab es eine Welt- Neukreation von Lukas Fassbind, ein Kirschkäseküchlein. Es folgte eine kurze Einführung der im auffallend süssen Chrisi-Outfit auftretenden Organisatoren des Anlasses, Vorstandsmitglied André Richiger, seine Frau Bernadette und Lukas Fassbind, er mit einigen Worten über die altehrwürdigen Lokalitäten. Dann begab sich die Gruppe auf einen kurzweiligen Spaziergang durch den Arther Kirschgarten. Dieser war gut 5 km lang und unterbrochen durch verschiedene Zwischenstopps. Bei jedem dieser Stopps verkosteten wir ausgesuchte hofeigene und andere sortenreine Kirschdestillate und schnausten die dazu passenden Kirschen direkt ab voll behangenen Hochstammbäumen. Begleitet wurde das Ganze durch interessante Hintergrundinformationen über den Anbau, die Pflege und die Ernte der Chriesi von André, Lukas und den jeweiligen Kirschenbauern. Nicht fehlen durfte natürlich der gemütliche Mittagsimbiss. Passend zum Tagesmotto servierte man uns leckere Chriesiwürste und dazu verschiedene Brote. Wer Lust hatte, genoss zum Abschied noch einen echten Café Kirsch. Auf dem Rückweg wurden vier weitere Kirschenbauern besucht, die passenden Kirschbrände verkostet und dazu die frischen Kirschen direkt ab Baum gegessen. Abgerundet und abgeschlossen wurde dieser denkwürdige, hochwertige Anlass mit einem sehenswerten Besuch im Jahrgangskirschkeller und der Besichtigung des begehbaren Kirsch-Sarkopharges von Lukas.

Die Reise im Stammhaus führte durch verschiedene Räumlichkeiten aus verschiedenen Epochen wie Renaissance, Barock, Biedermeier, Jugendstil und Moderne. Das Jahrgangskirsch-Haus verfügt über die historisch wertvollste Jahrgangskirschsammlung der Welt. Jahrgänge von 2008 – 1887, rare sortenreine Kirschbrände, Holzfass gereifte Kirschbrände, Wildkirschbrände und eine Sammlung mit den Auszeichnungen “Edelbrand des Jahres” aus verschiedenen Wettbewerben waren vertreten. Hier finden Besucher rund 8000 Flaschen Schweizer Jahrgangskirsch aus verschiedenen Epochen, die man degustieren und auf Wunsch auch erwerben kann. Jahrgangskirschbrände sind eben die Könige unter den Spirituosen.

Die wertvollsten 150 Jahrgänge aus zwei Jahrhunderten werden aber im Herzstück, dem begehbaren Kirsch-Sarkophag aufbewahrt. Aussen gelb gestrichen und innen ein abgedunkeltes Kabäuschen. Marken wie Etter, Dettling, Fassbind, aber auch Kirschbrände von längst nicht mehr existierenden Brennereien werden hier hinter Glas sorgsam aufbewahrt, gehegt und gepflegt.

Die älteste in der Literatur erwähnte Flasche ist ein Jahrgangs-Kirsch aus dem Jahre 1824 von Mathias Fassbind (geboren am 23. Mai 1778, gestorben am 15. Juni 1862).

Die älteste Kirschkaraffe ist ein Geschenk König Ludwigs II aus Bayern (Märchenkönig) aus dem Jahre 1865. Die Mona Lisa unter den Spirituosen, die älteste gefüllte Flasche aus dem Hause Dettling, Jahrgang 1887, gehört zu den wertvollsten Spirituosen der Welt.

Zu den Highlights zählt auch eine Zweier-Kollektion Baur-au-Lac-Rigikirsch, produziert in den Jahren 1921 und 1942 auf dem Gut Mädikon, (Etikettenschwindel!!) dem Zuhause der Gründerfamilie des Zürcher Luxushotels Bar au Lac.

Seine Schätze alter Kirschjahrgänge hat Lukas Fassbind persönlich aus allen Ecken des Landes zusammengetragen, sie kommen fast ausschliesslich aus privaten Sammlungen. Die Jahrgangstradition, wie sie heute nur noch wenige Häuser pflegen ist eine Besonderheit der Schweizer Kirschbrenner, welche bei anderen Obstdestillaten kaum üblich ist. Jahrgangskirschbrände sind immer ein Abbild der Ernte und der Produktionsepoche eines bestimmten Jahres. Sie werden sorgfältig in Korbflaschen abgefüllt, mit einer Plombe verschlossen und je nach Firmenphilosophie mindestens ein Jahrzehnt gelagert.

Geschichte

Der Geschäftssitz der Kirschstrasse Schweiz GmbH in Oberarth befindet sich im Stammhaus der Obstbrenner Dynastie der Familie Fassbind aus dem Jahre 1550. Es ist zugleich das Gründerhaus des Rigi-Kirschs, welcher hier erfunden wurde. Nach dem Verkauf der Brennerei 1994 gründete Lukas Fassbind 1998 sein eigenes Unternehmen Kirschstrasse Schweiz GmbH und seit 2019 ist es auch das erste Jahrgangskirsch-Haus der Welt. Über die 7 Generationen der Gründerfamilie lesen sie bitte die detaillierten Ausführungen auf der Website www.kirschstrasse.ch . Auf der gleichen Site werden für interessierte Gourmets auch einige sehr hochstehende Events angeboten.

 

Verkostungsnotizen

Sämtliche der 34 in den letzten 20 Jahren aus Chriesi gebrannten und nun verkosteten Kirschdestillate zu beschreiben würde hier viel zu weit führen. Die Liste kann aber unter www.schnapsforum.ch abgerufen werden. Erwähnen möchte ich aber den zum Abschluss von Lukas präsentierten Flight mit Spezialitäten, welche wohl nicht viele Edeldestillateliebhaber je einmal im Glas gehabt haben. Die ersten zwei gehörten zu den Kirschbränden, welche Lukas zu den «zwölf göttlichen Bränden» zählt, die er je getrunken hat.

  • Lauerzer 2005, Lauerzer 2005, Double-Gold am World Spirit Award 2019, gebrannt von Thomas Heiner.
  • Weichsel Crystal 2000, Weichsel Crystal 2000, Edelbrand des Jahres an der Destillata 2003, Kostenpunkt 1200 Franken / 3,5 dl
  • Lauerzer Crystal 2000, ausgebaut im Kastanienholzfass

Alle diese Edelkirsch zeigen eine in diesem Mass selten anzutreffende Harmonie, Reintönigkeit, Ausgewogenheit von Stein und Frucht, Intensität, Weichheit sowie einen langen, zart bitteren Abgang.

Andi Spichtig

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