Neue Ausbauformen mit unterschiedlichen Weinbehältern – Teil 2

Fass-zinierend: ein Holzbehälter für den Weinausbau

  1. Teil: Neue Ausbauformen mit unterschiedlichen Weinbehältern

Erst der Ausbau macht den Wein zum Genuss. Am Anfang stand das Holzfass (Grosses Holz bis Barrique). Immer mehr Winzer wählen nun aber Weinbehälter aus Stahl (Stahltanks), Ton (Amphore oder glaciertes Tonfass), Beton (Betonei), Granit (Steinfass) oder Stahlbeton und Kunststoff.

In dieser neuen Serie über verschiedene Weinbehälter beschäftigen wir uns nach dem Granitsteinfass (Artikel in WeinHeiten Oktober 2021) als nächstes mit dem Holzfass und dem Barrique.

Fass-zinierend: ein Holzbehälter für den Weinausbau

Für Weiss- wie auch Rotweine und für fast alle Spirituosen wird zur Lagerung gerne ein Fass aus Eichenholz gewählt. Warum Eichenfässer, wenn es noch andere Holzarten zur Auswahl gibt? Die “Wurzeln” dieser Entscheidung (und der Bäume) liegen in Frankreich, vor allem in der Weinbauregion Burgund. Die Eiche hat in jenem Land schon seit jeher eine wichtige Rolle gespielt. So nutzte man das Holz auch für den Hausbau und Möbel. Limousin-Eiche und Tronçais-Eiche wurden darüber hinaus exportiert. Eichenfässer etablierten sich bei dem Ausbau von Wein im Barrique. Das griffen später nebst Winzern auch Spirituosenhersteller auf, die ihre Destillate auf ähnliche Weise veredeln wollten. Heute wird zwischen zwei Arten von Eichenholz und damit auch zwischen zwei allgemeinen Fassarten unterschieden. Zum einen gibt es die europäische Eiche, mehrheitlich aus Frankreich, Rumänien, Georgien oder aus Slowenien. Zum anderen gibt es die amerikanische Weisseiche. Sie wurde von Siedlern, ähnlich wie in Europa, gezielt gepflanzt und verarbeitet und weist leicht andere Züge auf. Die Weisseiche liefert vor allem Bourbonfässer, welche wiederum für die Lagerung von Whisky sowie anderen Spirituosen genutzt werden. Europäische Eichenfässer kommen vor allem für Weiss- und Rotweine zum Tragen. Während amerikanische Eiche süsse Aromen erzeugt, sorgt französische Eiche eher für herbe bis würzige Beiklänge.

Verschiedene Fassarten: die Qual der Wahl

Das grosse Holzfass

Das Volumen macht’s: unterschiedliche Grössen von Holzfässern. Eigentlich ist das Physik. Je grösser ein Fass ist, desto weniger Kontakt hat das Holz mit dem Wein. Zudem wird der Wein in grossen Fässern auch mit weniger Sauerstoff versorgt. Also einfach ausgedrückt, kleine Holzfässer beeinflussen Weine stärker als grosse Fässer. Der Sie­ges­zug der fruchtig-frischen Weiss­wei­ne, die Mode der Kalt­ver­gä­rung, das unauf­halt­sa­me Vor­drin­gen der Rein­zucht­he­fen hat man­che Win­zer nach­denk­lich gemacht. Sie suchen nach Wegen, um ande­re Wei­ne zu bekom­men. Dabei haben sie das grosse Holz­fass wie­der­ent­deckt. Eine Inno­va­ti­on ist es also nicht, wenn vie­le Win­zer heu­te ihre Wei­ne wie­der dem Holz­fass anver­trau­en. Grosse Holzfässer erleben somit eine Renaissance, und zwar sowohl für die Gärung, als auch für den Ausbau. Diese werden auch zunehmend einem Toasting unterzogen. Grosse Holzfässer, meist aus Eiche, selten aus Kastanie oder Kirsche sind somit auch traditionelle Lager- und Ausbaugefässe für Wein und bewirken wie erwähnt nicht denselben Effekt wie neue Barriques (Holzaroma und Tannine). Grosse Holzfässer, zwischen 5.000 und 100.000 Liter Fassungsvermögens, können 50 Jahre lang, manchmal auch länger benutzt werden und wie die in Deutschland üblichen Stück (1.200 Liter), oder Doppelstück (2.400 Liter) fördern die Reifung, geben sie keinerlei Eigenaromen mehr an den Wein ab. Leider sind viele tra­di­tio­nel­le Holz­fäs­ser fast völlig aus den Kel­lern ver­schwun­den. Nur in Deutsch­land, Öster­reich und im Elsass sind sie teil­wei­se noch anzu­tref­fen. Oft die­nen sie mit ihren Schnit­ze­rei­en nur zur Zier­de des Kel­lers. Kurz erwähnen möchte ich auch noch das Pipe, ein traditionelles Fass für Portwein mit einem Inhalt von 534 bis 630 Litern.

Kleines Holzfass oder Barrique

Im Französischen bedeutete «barrique» (vom Gaskognischen barrica) Fass. Dann wurde der Begriff auf das am häufigsten gebräuchliche Fassmass eingeschränkt. Dieses umfasst in der Regel ein Volumen von 225 Litern in Bordeaux oder auch 228 Liter im Burgund. In Australien und Neuseeland heissen sie Hogsheads und fassen 300 Liter. Das Barrique ist ein Eichenfass, das heute vor allem zum Ausbauen von Wein dient. Es prägt den Wein besonders stark. Die frisch hergestellten Fässer wurden zum Biegen der Dauben innen verkohlt. Diese Schicht erzeugt ein ausgeprägtes Vanille-Aroma im Wein. Weiterhin gibt ein Barrique Gerbstoffe (Tannine) an den Wein ab. Da ein Fass bereits durch die erste Füllung bis zu 85 % seines Aromas, sprich des Eichentons, verliert, wird es nur zwei- bis dreimal belegt, kostet etwa 700 Franken und wird dann ausgemustert, weil es keine Tannine mehr an den Wein abgibt. Hier hat sich allerdings seit einiger Zeit eine Nische aufgetan, da kleine Microbrauereien solche Fässer neuerdings gerne für ihre Spezialbiere kaufen. Inzwischen hat sich der Barrique-Boom etwas gelegt, weil man der Rebsorte und dem Boden wieder mehr Ausdruck verleihen möchte. Terroir und Authentizität sollen sich in einem charaktervollen Wein widerspiegeln, ob mit oder ohne Holzeinfluss.

Auswirkungen beim Holzausbau

Wir werfen einen Blick auf das Geheimnis Holzfass und den Reifungsprozess, den der Wein im Barrique erlebt. Sicher ist: Der Wein verändert sich. Ein Holzfass ist eben auch viel mehr als Kellerromantik. Es verleiht ihm seine individuelle Charakteristik und Komplexität. Die augenfälligste Charakteristik des Holzes ist seine Durchlässigkeit. Das Holz lässt den Wein gewissermassen atmen. Man spricht von Mikroatmung des Holzes oder Mikrooxydation des Weins. Das Holzfass erlaubt tatsächlich einen Sauerstoffaustausch. Diese schonende Oxydation fördert die Reife des Weins. Eine andere wichtige Eigenschaft des Eichenholzes ist sein natürlicher Gehalt an Tanninen und löslichen Aromamolekülen. Wenn diese in Kontakt mit dem Wein freigesetzt werden, können sie die Aromatik vorteilhaft beeinflussen. Auch der Ausbau im Barrique beeinflusst den Stil und Charakter des Weins, der mindestens einige Monate, wenn nicht Jahre darin reift. Je neuer und kleiner das Fass, desto grösser ist sein Einfluss auf den Geschmack. Der Fassausbau, der viel Wissen, Erfahrung und Sorgfalt benötigt, fördert aber auch die Klärung und Stabilisierung des Weins. Während Rotweine im Barriquefass lediglich reifen, finden beim Weisswein dort auch die Gärung und die malolaktische Gärung statt. Die Reifung im Eichenholz macht nicht alle Weine automatisch besser. Sie ist vor allem für kräftige Sorten geeignet. Eine grosse Rolle spielt das «Toasting» oder der Fasseinbrand, bei dem die Dauben über Eichenholzfeuer 25 bis 30 Minuten in ihre Form gebogen werden. Eine leichte Toasting-Stufe verleiht dem ausgebauten Wein weiche Vanillenoten, eine mittlere erzeugt Karamell- und Toastbrotnoten und ein starkes Toasting Kaffee-, Tabak- oder rauchige Noten. Tatsächlich schmeckt der Weinkenner einen feinen Unterschied zwischen Weinen, die in französischen und solchen, die in amerikanischen Eichenfässern gelagert wurden. Letztere sind kräftiger als die etwas milderen Barrique ausgebauten edlen Tropfen.

Nur wenn neue Barriquefässer für den Ausbau eines kompletten Jahrganges erstbefüllt werden, spricht man von «100 % neuer Eiche» oder Barrique. Der erfahrene Kellermeister, der weiss, wie viel Holzeinsatz sein Wein verträgt, kann durch Mischen von Erst- und Zweitbelegungen die Geschmacksintensität steuern. Nur konzentrierte, körperreiche Weine mit einer gewissen Komplexität, genügend Säure und einem stattlichen Tanningerüst halten dem Holzeinfluss stand. Weine, die zu schwach, zu fruchtig sind, werden von den Barrique-Einflüssen unschön dominiert. Der seit einigen Jahren anhaltende Trend zu kräftigen, manchmal sogar herben Eichenholznoten führt wie bei allen Übertreibungen zu zweifelhaften Ausbautricks und Qualitäten. Starker Eichenduft wird oft mit Güte gleichgesetzt. Grosse Weine aber schaffen sich ihren Namen seit Generationen durch das Gegenteil: Der vorerst dominante Holzduft tritt mit zunehmendem Alter zurück und verbindet sich mit den anderen Substanzen zu einem harmonischen, komplexen Bukett. Eine andere Unannehmlichkeit ist der Verlust eines Teils des Weins, Schwund genannt. Das Fass selbst absorbiert Wein und wenn das Holz gesättigt ist beginnt die Verdunstung. Die so entstandene Luftblase im Innern des Fasses muss immer wieder aufgefüllt werden. Einerseits, um den Verlust auszugleichen und anderseits, um die Entwicklung von Bakterien bei Luftkontakt und Oxydation zu verhindern. Dieses Ausgleichen des Schwundes nennt man Quillage.

Eine mindestens für mich unsägliche Situation ist leider seit Oktober 2006 auch in der EU erlaubt. Um die Kosten von Barriqueweinen zu verringern, ohne dass man in teure Fässer investieren muss, werden im internationalen Weinbau Methoden angewendet, die den Holzgeschmack ohne Holzfasslagerung liefern. Dem Wein werden sogenannte Chips, oder eben (geröstete) Eichenspäne zugesetzt. Eine Deklarationspflicht für solche Weine besteht leider nicht, jedoch dürfen sie immerhin nicht als „Barriqueweine“ vermarktet werden.

Andi Spichtig

Foto:  Pascal Burckhardt, Fasskeller in Montefalco, Italien