Neue Ausbauformen mit unterschiedlichen Weinbehältern – Teil 5

Das Beton-Ei, eine Renaissance in Eiform

5. Teil: Neue Ausbauformen mit unterschiedlichen Weinbehältern

Erst der Ausbau macht den Wein zum Genuss. Am Anfang stand das Holzfass (Grosses Holz bis Barrique). Immer mehr Winzer wählen nun aber Weinbehälter aus Stahl (Stahltanks), Ton (Amphore oder glaciertes Tonfass), Beton (Betonei), Granit (Steinfass) oder Stahlbeton und Kunststoff.

In dieser neuen Serie über verschiedene Weinbehälter beschäftigen wir uns nach dem Granitsteinfass (Artikel in WeinHeiten Oktober 2021), dem Holzfass und dem Barrique (Artikel in WeinHeiten Januar 2022), dem Edelstahltank (Artikel WeinHeiten Februar 2022), der Amphore (Artikel in WeinHeiten März 2022) nun mit dem Beton-Ei.

Das Beton-Ei, eine Renaissance in Eiform

Ja, Sie haben schon richtig gelesen, Eier. Neumodisches Zeug, mögen vielleicht manche argumentieren, wenn von in Beton gereiftem Wein die Rede ist. Doch von neumodisch kann bei Betontanks und Betoneiern nicht die Rede sein. Weinbauern verwenden diese nämlich seit bald 150 Jahren. Neu ist allerdings, dass die Tanks und Eier nicht mehr beschichtet sein müssen, sondern manche Winzer auf puren Beton in Eiform setzen. Immer mehr Weingüter sind aufs Ei gekommen.

Also, bereits im 19. Jahrhundert war es üblich, Beton als Material für Gär- und Lagertanks zu verwenden. Durch das Aufkommen von Stahltanks wurde dieses Material aber grösstenteils verdrängt. Betoneier sind nicht luftdicht, was dem Resultat aber keinen Abbruch tut. Wichtiger sind aber die Formen. Die ovale Form ist nach dem goldenen Schnitt konstruiert. Unten möglichst breit, oben möglichst eng. Das erlaubt dem Jungwein einen guten Kontakt zu den Hefeablagerungen am Boden, eine gewisse Zirkulation und fördert so völlig geschmacksneutral die Komplexität, eine eigene Authentizität und die fruchtigen Aromen des Weines. In manchen Anbaugebieten innerhalb Europas setzt man immer noch auf die Lagerung in unterirdischen Betontanks. Üblicherweise herrscht unter der Erde eine konstant niedrige Temperatur. Das zahlt sich aus, denn eine zusätzliche und oft teure Kühlung ist nicht notwendig.

Ein Betonei im Keller gehört für immer mehr Winzer zur modernen Standard-Ausstattung. Innerhalb des Behälters findet ein sehr zurückhaltender Sauerstoffkontakt statt, der den Wein gut reifen lässt. Das Betonei dient folglich dem oxidativen Ausbau. Im Inneren des Eis bleibt es aufgrund der thermischen Eigenschaften von Beton kühl. Ein Wein aus diesem Ausbaubehälter soll vor allem mineralischer und feingliedriger schmecken. Kritiker mahnen hin und wieder, dass durch den Kontakt mit Beton unerwünschte Stoffe in den Wein gelangen könnten. Dies ist jedoch bis heute nicht wissenschaftlich belegt. Vor allem in Frankreich und Spanien nutzen Winzer das Betonei bereits seit vielen Jahren für den Ausbau ihrer Weine. In der Schweiz und in Deutschland ist dieser neue Trend allerdings noch nicht weit verbreitet. Im Vergleich zu Holzfässern und Edelstahltanks erweisen sich Betontank und Betonei zudem als günstig.

Verschiedene Winzer lassen deshalb einen Teil ihrer Weine in neuartigen, rund 600 Liter fassenden Tanks reifen. Dank der darin möglichen Mikrooxigenation, bei der kontinuierlich kleinste Sauerstoffmengen in den Wein gelangten, entsteht ein sehr fruchtiges, eher mineralisches Aroma. Die eigentlichen Traubenaromen werden nicht wie beim Ausbau im Holzfass von Holznoten überlagert. Ein Beton-Ei ist in der Regel um die 2 m hoch, fasst rund 900 l Wein und bringt etwa 1,7 t auf die Waage. Seine Wanddicke beträgt circa 12 cm.

Pro Stück kostet ein Beton-Ei etwa 4000 Franken. Dennoch lohnen sich die Investition. Die Kunden sind vom Ergebnis dieser speziellen Technik angenehm überrascht. Der Erfolg der Beton-Weine spricht demzufolge für sich.

In Kennerkreisen ist die Methode des Weinausbaus im Betonei allerdings noch um­strit­ten. Die einen schwören da­rauf und finden die damit erzielten Er­geb­nisse um Längen besser als mit den her­kömmlichen Methoden, die an­de­ren sind skeptisch. Wie schon beim Ausbau des Weins im Barrique hat auch das Betonei seine Für- und Wider-Argumente. Das Beton-Ei und das Material Roh-Beton sind aber sicher gut für interessante Experimente. Winzer aus verschiedenen Ländern in Europa sammeln mit dieser Ausbauweise seit einigen Jahren interessante Erfahrungen. In diesen Ländern hat sich bei Weinkonsumenten auch bereits eine grössere Fangemeinde gebildet.

Andi Spichtig

Fotos © BAUBILD, Stephan Falk Berlin