Neue Ausbauformen mit unterschiedlichen Weinbehältern – Teil 4

Tongefässes: Amphore und Qvevri

Teil 4: Neue Ausbauformen mit unterschiedlichen Weinbehältern

Erst der Ausbau macht den Wein zum Genuss. Am Anfang stand das Holzfass (Grosses Holz bis Barrique). Immer mehr Winzer wählen nun aber Weinbehälter aus Stahl (Stahltanks), Ton (Amphore oder glaciertes Tonfass), Beton (Betonei), Granit (Steinfass) oder Stahlbeton und Kunststoff.

In dieser neuen Serie über verschiedene Weinbehälter beschäftigen wir uns nach dem Granitsteinfass (Artikel in WeinHeiten Oktober 2021), dem Holzfass und dem Barrique (Artikel in WeinHeiten Januar 2022), dem Edelstahltank (Artikel WeinHeiten Februar 2022) als nächstes mit der Amphore und dem Qvevri. Hier gibt es bei WeinHeiten auch einen weiteren Artikel über «Qvevri Weine aus Georgien» von Pascal Burckhardt.

Antik, aber nicht von gestern

Das wohl älteste Gefäss zum Lagern von Wein ist die gebrannte (Henkel) Amphore aus Ton. Das Töpfern von solchen Gefässen ist langwierige Handarbeit und der Transport mit jenem roher Eier zu vergleichen. Hergestellt werden die Amphoren in der Regel aus geeignetem, sehr dichtem Ton, der ortsnah in bestimmten Regionen abgebaut, geformt und sodann gebrannt wird.

Grössere Amphoren grub man zuerst in Georgien und nun in der Neuzeit auch bei initiativen Naturwein Produzenten im Boden ein und lässt die Traubenmaische dort bei konstanter Temperatur fermentieren. Solche Tonbehälter nennt man auch «Qvevri» und sie sind echte Zeitzeugen.

Freunde des Tongefässes bestehen vehement auf der Unterscheidung zwischen Qvevri und Amphore, die sich in ihrer Form (Qvevri läuft spitzer zu) und Funktion (Amphoren dienten nur zum Transport) unterscheiden. Schon während der Antike und im alten Ägypten verwendeten Menschen Tonamphoren für die Aufbewahrung von Wein und anderen Waren. Diese Art der Kelterung ergibt unkonventionelle, aber spannende Weine. Wer glaubt, die riesigen Gefässe könnten in einem Weinkeller lagern, irrt. Die Wände der Behältnisse sind dünn, weshalb Winzer sie zur Vorbeugung von Bruchschäden in der Erde eingraben. Dies schenkt nicht nur zusätzliche Stabilität, sondern ermöglicht auch eine konstante Temperatur. Nur dank des hohen Aussendrucks in der Erde bleibt eine gefüllte Amphore ganz. Sie muss sorgfältig und geradezu «hermetisch» vergraben werden, damit die dünne Tonwand nicht zerspringt. Die Qvevri werden zu etwa drei Vierteln mit Maische und Most gefüllt. Meist startet die Gärung sofort. Mehrmals täglich wird der Tresterhut untergerührt. Ist die aktive Gärung beendet, werden die Qvevri mit Holz oder einem Schieferstein bedeckt und die Öffnung mit feuchtem Ton versiegelt, in den lediglich ein Rohr für das entweichende CO2 eingesetzt wird. Da die Wände meist sehr porös und somit wasserdurchlässig sind, dient eine Schicht Bienenwachs als Schutz. Dadurch kann die innere Oberfläche leichter gereinigt werden und Bakterien haben kaum Raum zum Überleben. Ausserdem kann keine Flüssigkeit durch die Wand nach aussen dringen. Die kleinsten Poren dagegen bleiben offen für die Luft und der Wein kann atmen.

In Amphoren aus Ton sehen viele Winzer eine gute Option, möglichst technikfreie und naturnahe Naturweine zu erzeugen. Klar ist, dass diese Methode Risiken mit sich bringt. Aus dem Traubensaft wird manchmal nicht Wein, sondern nahezu Essig. Geht etwas schief, kann es dafür viele Gründe geben. So ist das georgische Klima härter als jenes in der Schweiz oder Schweizer Trauben sind für den «unkontrollierten» Gärprozess manchmal zu reif. Fäulnisbakterien stören dann die Entwicklung des Weins. Und nicht alle Traubensorten sind für die Lagerung in der luftdurchlässigen Tonamphore geeignet. Das Fazit, entweder echten Amphorenwein oder seinlassen.

Je nach Vinifikationsmethode und Einsatzdauer ergeben sich für den Verkoster unbekannte neue, aber durchaus auch interessante organoleptische Eigenschaften der in den Amphoren ausgebauten Weiss- und Rot-Weine. Solche Weine sind zuerst einmal eine reine Geschmackssache und gewöhnungsbedürftig. Etwas für erfahrene Liebhaber und Kenner, oder junge Leute, welche sich einen Deut um Etiketten kümmern und die den besonderen Reiz dieses wohl eigenartigsten Weissweins der Welt schätzen. Der Einfluss der Amphorennutzung bringt je nach Dauer der Lagerung eine gewisse Erdigkeit oder auch Mineralität mit, die Weine werden z.T. runder, teilweise kommt es zu oxidativen Noten. Verbraucher attestieren den Amphoren-Weinen allgemein eine sehr gute Bekömmlichkeit. Es ist ein spontan vergorener Naturwein, oxidativ ausgebaut, der im weitesten Sinn an einen Vin Jaune aus dem französischen Jura oder an einen Sherry erinnert. Er ist charaktervoll, herb, urchig und nicht austauschbar. Der bei Qualitätsweinen geforderte und erkennbare Sortencharakter geht bei dieser Weinherstellung komplett verloren. Also als Spezialität eigenständig. Man liebt oder hasst ihn!

Heute stellt die Amphore somit eine weitere spannende Option für innovative Winzer dar. Diese arbeiten mit Tonamphoren, welche im Weinkeller auf der Erde stehen. Das Resultat sind Weine, welche einen Sauerstoffaustausch ohne schwere Holznoten haben. Das neue Aufleben der antiken Lehmamphoren ist vor allem in Italien, Portugal und Spanien zu beobachten. Die so eingesetzten Tinajas unterscheiden sich von georgischen Qvevris dadurch, dass sie nicht flüssigkeitsdurchlässig sind, aber trotzdem atmen können. Das Zurückgreifen auf Amphoren zeigt in gewisser Weise von einer nicht- interventionistischen Philosophie gegenüber der Erde und ihren Produkten. Die Amphore ist der Behälter, der am besten zu dieser Suche nach Harmonie und Gleichgewicht passt. Also perfekt zu einem Inhalt, der so rein wie möglich sein soll, ohne Zusatzstoffe oder Zusatzaromen.

Wie ich aktuell aus der Zeitschrift Obst und Weinbau lesen konnte, ist der neuste Gag eine Amphore aus dem 3D Drucker. Dieses in der Herstellung von Weinfässern neuste Verfahren eröffnet weiter Dimensionen in Sachen Form und Reproduzierbarkeit. Vorläufig können mit diesem System Gefässe bis 320 Liter aus Keramik «gedruckt» werden. Der grosse Vorteil soll sein, dass eine Micro-Oxigenation des Weines stattfindet, ohne dabei den Geschmack zu beeinflussen. Dies soll den Wein fruchtiger, frischer machen und die weintypischen Aromen betonen. Preis ca. CH 1800.

Andi Spichtig

Foto: CANTINA BLASS, Tessin