Schweizer Wermut mit isländischen Namen: Hoss Hauksson, Rauður & Hvítur

Live Streaming Event mit den neuen Hoss Hauksson Wermuts

Einführung

Am Donnerstag 14. Januar hat der umtriebige Winzer Hoss Hauksson aus Rüfenacht AG einen Live Streaming Event zum Thema Wermut organisiert. Hauptakteure waren seine beiden neu kreierten Wermut Sorten mit den isländischen Namen Rauður (italienisch rosso, deutsch rot) und Hvítur (italienisch bianco, deutsch weiss), zugeschaltet der Wermut Experte Francois Monti aus Madrid und als musikalische Begleitung des virtuellen Anlasses die Aargauer Hinterwäldler, welche die Wurzeln der Amerikanischen Folkmusic mit allergattigen Saitenwerkzeugen beackern. So will Hoss in Zeiten von Corona, wo Distanz und Isolation gefordert sind, einen Ort der Begegnung von Kultur und Wein schaffen.

Geschichte

Wermut (international auch Vermouth) ist ein mit Kräutern gewürzter, gespriteter Wein, der in verschiedenen Stilen hergestellt wird. Bereits die Griechen würzten ihre Weine mit Kräuterzusätzen wie beispielsweise der Gemeine Wermut (artemisia absinthium). Dem bitteren Wermutkraut, damals eines der wertvollsten und erfolgversprechendsten Naturheilmittel, wurden heilende Kräfte bei Magenbeschwerden zugesprochen und daher als Medizinalwein eingesetzt.

Nach den Griechen bereiteten auch die Römer verschiedene Würzweine zu, die zugesetzten Kräuter dienten damals aber eher zur Überdeckung der minderen Weinqualität. Die wahre Geschichte begann 1786 in Turin, als Antonio Benedetto Carpano nach langer Zeit des Studiums und der Forschung als Kräuterkundler die berühmte Formel erfand, aus der die

Produktkategorie Wermut hervorging, indem er wie ein Alchemist Kräuter und Gewürze mit Muskatwein mischte und dem Wermut damit zum Durchbruch verhalf.

Der Wermut verbreitete sich in ganz Europa und wurde ab dem 18. Jahrhundert im grossen Stil produziert. Die grossen Firmen siedelten sich damals entlang der Alpen an, da nur hier die benötigten Kräuter in ausreichender Qualität und Quantität bezogen werden konnten.

Vermouth ist ein Aperitif mit relativ niedrigem Alkoholgehalt, deshalb hält sich die geöffnete Flasche nicht so lange, wie man dies von anderen Spirituosen gewohnt sein mag. Diese sollte zum einen kühl gelagert, zum anderen nach dem Öffnen innerhalb der ersten 3 Monate genossen werden, da sich sonst die feinen Nuancen der Botanicals verflüchtigen und die Qualität nachlassen kann.

  • Heute zählt Vermouth übrigens zu den am schnellsten wachsenden Spirituosen.
  • Der klassische Stil des Wermuts war eher trocken, mit einer ausgeprägten Bitternote. Der moderne Wermut wird in zwei Arten produziert: Der rote, süsse italienische sowie der goldene, trockene französische Stil.
  • Um als Wermut klassifiziert werden zu dürfen, muss das fertige Produkt zu 75% aus Wein bestehen. Des Weiteren ist die Verwendung einer oder mehrerer Sorten des Wermutkrautes obligatorisch Der Alkoholgehalt beträgt 14,5 bis 21,9% Vol. und Begriffe wie „Verstärkter Wein“ oder auch „versetzt“ oder „aromatisiert“ hört man bisweilen.
  • Um aus diesem wie auch allen anderen Botanicals die Aromen zu gewinnen, haben Brennereien zwei Möglichkeiten. Entweder sie mazerieren die Kräuter und Gewürze oder sie destillieren Alkohol und lassen den entstehenden Dampf durch einen Korb, gefüllt mit jenen Zutaten strömen.
  • Kann mit Alkohol und Farbstoffen versetzt und gesüsst sein.

Verkostungsnotizen

 

Für die beiden handwerklich wirklich neu interpretierten Hoss Vermouths, es sind reine Naturprodukte, werden ausschliesslich die eigenen Schweizer Weine und Artemisia Arten (Kräuter und Gewürze) aus seinem Kräutergarten und seinen Rebbergen verwendet. Diese werden danach mit speziell ausgewählten und zusammengestellten Aufgüssen verfeinert. Diese «knochentrockenen», herben ersten Versuche von Hoss sind meiner Meinung nach gut gelungen, aber eine Geschmackssache. Mir persönlich fehlt etwas die «Wärme» oder mindestens etwas Zucker (Traubenmostkonzentrat?), das würde die Komplexität steigern. Zudem sollten diese beiden Wermuts nicht zu kalt genossen werden, damit sich das volle Aroma entfalten können. Dann sind sie appetitanregend, leicht im Alkohol und dennoch kräftig aromatisch.

Im weissen Wermut Hvítur sind verschiedene Artemisia Arten wie Wermut, Schafsgarbe und Ysop (immergrünes Gartenkraut aus der Familie der Minzgewächse, welches wegen seiner aromatischen Blätter und Blüten angebaut wird. Die Pflanze hat einen süssen Duft und einen warmen, bitteren Geschmack) beigemischt.

Im Glas ein Orangewein, dem seine Farbe alle Ehre macht. Er riecht würzig-frisch, grasig-herbal, fruchtig, fein und ist gut strukturiert. Am klassischen Gaumen ein charmantes Spiel zwischen Herbe und Bitterkeit, Trauben, Rhabarber, Blumen, Baumnüsse, minim salzig, kräutrige Noten und würzige Nuancen, welche am deutlichsten herauszuschmecken sind. Langer erfrischend bitterer, trockener, deutlich herber Abgang.

Im roten Wermut Rauður sind nebst verschiedenen Artemisia Arten auch Traubenrappen beigemischt.

Leuchtendes Rubinrot. Der unverwechselbare Pinot Noir spielt bei diesem Wermut die Hauptrolle. Ganz am Anfang in der Nase etwas Ester, der sich aber rasch verflüchtigt. Dann fällt die Spezialität durch eine pfiffige und komplexe Frucht-Würz-Note auf. Duftige Kräuternase nach Wermutkraut, Schafgarbe, etwas nassem Stein und minim rauchigen Noten. Am bitteren Gaumen zarte Fruchtnoten, schön weinig, mit Kräuter- und Gewürznoten, trocken, herb, einer frischen Bitterkeit und einem langanhaltenden Abgang.

Andi Spichtig

Bezugsquelle Online Shop des Winzers