Weingut Tesch, Nahe, Deutschland

Riesling nicht nur für die Toten Hosen

Martin Tesch, Riesling, das Fenster zur Natur.

Jetzt neu in der Schweiz! Diese Überschrift auf einer an mich gerichteten Mail war für mich eine Erinnerung an Winzervisiten im Juli 2010. Damals besuchten wir unter anderen auch das Weingut von Martin Tesch. Bei mir ist dieser Besuch auf jeden Fall immer noch präsent. Er war gerade von der Jagd gekommen, hat uns in seine beindruckenden Rebberge gebracht und in seinem Geländewagen war noch das Blut des Wildes. Witzigerweise haben wir gerade am Silvester 2022/23 die letzte Flasche des Riesling St. Remigiusberg 2008 getrunken.

Das Weingut von Martin Tesch (er ist übrigens Doktor der Biologie und Biotechniker) in Langenlonsheim an der Nahe gilt als eines der innovativsten Weingüter in Deutschland. Vielleicht weil jeder einzelne Schritt konsequent auf den Punkt gebracht wird und man sich konzentriert auf die entscheidenden Faktoren. In jedem Weinberg ein anderer Boden, ideal für den Riesling. Tiefe Wurzeln, Reben vor mehr als 50 Jahren angepflanzt, umweltschonender Weinbau und sorgsame Ernte der Trauben von Hand. Im Keller ein schonender, handwerklicher Ausbau und Abfüllung in besonders nachhaltigen Verpackungen. Das Angebot ist klein, straff und übersichtlich. Alle Weine sind markant und trocken und es werden nur drei verschiedene Rebsorten angebaut, Riesling, Spät- und Weissburgunder.

Als Martin Tesch das elterliche Weingut, welches seit 1723 im Familienbesitz ist im Jahr 1997 übernahm, begann er damit, es ganz neu auszurichten. Die Rebfläche wurde auf 20 Hektar reduziert, um nur noch die besten Lagen und praktisch ausschliesslich die Traubensorte Riesling zu bewirtschaften. Er setzt auf umweltfreundlichen Weinbau. Es werden keine Mineraldünger, keine Herbizide und auch keine Insektizide eingesetzt. Der verwendete Kompost wird aus verschiedenen Komponenten selbst hergestellt. Unter anderem wird der Trester, also die Reste der ausgepressten Trauben mit den Kompostbestandteilen vermischt. Im Frühjahr wird dieses organische Material wieder in die Weinberge eingebracht, um den Nährstoffkreislauf zu schliessen.

Der wichtigste Faktor, den es heute zu bedenken gilt, ist allerdings die Veränderung des Klimas in den kommenden Jahrzehnten, denn die Erwärmung stellt das Weingut vor gewaltige Herausforderungen. Mittlerweilen wird auf eine lange Vegetationsperiode gesetzt.

Das bedeutet eine langsame, verzögerte Ausreifung der Trauben, um einen optimalen Ausdruck der Aromatik zu bekommen. Diese veränderte Zielsetzung hat aber auch konkrete Konsequenzen bei der Planung neuer Weinberge. Die bevorzugte Zeilenausrichtung ist heute von Ost nach West, um dem Weinbergboden und den Trauben den notwendigen Schatten zu spenden. Ferner strebt man hohe Laubwände an. Das heisst aber auch, dass zur
Erstellung und Bewirtschaftung kraftvolle Maschinen eingesetzt werden müssen, denn die Laubwand ist so hoch, dass die Triebe nicht mehr händisch eingekürzt werden können. Dazu braucht man einen Laubschneider, der hoch aushebt und einen entsprechend gut bebauten Traktor, der ein solches Gerät auch sicher im Steilsthang führen kann. So trägt die Strahlungswärme des Bodens zur Förderung der Traubenreife bei. In den neuen Weinbergen reifen die Riesling-Trauben ein ganzes Stück von der Oberfläche entfernt. Auch das verzögert die Reife und führt zu einer besseren Aromenreifung. Die fünf Lagen des Weingutes können kaum unterschiedlicher sein. Die Boden sind höchst vielfältig, von mit Muschelkalk durchsetztem Lösslehm über Tonboden und roten Sandsteinverwitterungsboden bis hin zu vulkanischem Boden ist hier alles vertreten. Die Lagenweine des Weingutes kommen aus dem KönigsschildLaubenheimer KroneLöhrer Berg, Karthäuser und St. Remigiusberg.

Ein neues Publikum hat Martin Tesch auch in der Musikszene erschlossen, so vinifizierte er über 10 Jahre lang einen extra Wein für die Toten Hosen, die sogar auf Tournee immer verschiedene Tesch-Weine dabei hatten. Dieser ist mit dem 2018er Jahrgang nun auch für den Handel freigegeben worden.

Verkostungsnotizen

Alle Weine, welche unter dem Weinguts-Label mit dem alten Herr auf dem Etikett laufen, dieser alte Herr ist übrigens der UrUrUrgrossvater von Martin Tesch, sind Eigenanbau. Der frische Markenauftritt mit einer umfassenden äusseren Überarbeitung des Erscheinungsbildes des Weinguts begeistert nicht nur die Kunden. Es war das erste Weingut, das für sein Corporate Design einen der begehrten Red Dot Awards erhielt. Die neue grafische Ausstattung ist für jeden erkennbar visualisiert, jede Lage hat eine eigene, unverwechselbare Farbe. Es macht auch den Schraubverschluss salonfähig. Produziert werden momentan 150.000 pro Jahr. Tesch baut klare, puristische Rieslinge mit Ecken und Kanten und mit herbem Grip aus und alle seine Weine sind ein Naturereignis, markant trocken, ungeschminkt und live.

Riesling Königsschild 2021

Leuchtendes Gelb. In der Nase Düfte nach exotischen Früchten, Apfel, Birne, florale Noten nach Holunderblüten und etwas Ingwer. Am verspielten Gaumen saftig, mit gut integrierter, harmonischen Säure, mineralisch, alles wirkt geschliffen, weich, elegant und mit einem ordentlich langen, minim salzigen Abgang.

17.25/20

Riesling Karthäuser 2021

Leuchtendes Gelb. Dezente Noten nach weissen Blumen und Holunderblüten, weissem Pfirsich, grünem Apfel, Limetten und etwas nassem Stein. Zeigt eine schon gute Struktur. Am fruchtigen Gaumen würzig anklingend, eine kräftige Säure, alles wirkt gut ausbalanciert, etwas Toastbrot, eine schöne Mineralität und ein eleganter, feiner und subtiler, mittellanger Abgang.

17.25/20

Riesling Weisses Rauschen 2021

Seit zehn Jahrgängen begleitet dieser Wein die «Toten Hosen» exklusiv auf ihren Tourneen. Seit 2019 ist er auch für den Handel freigegeben. Leuchtendes Gelb mit grünlichen Reflexen. In der überaus fruchtigen Nase Düfte von Gletscherbonbons, trockenen Rosenblättern, Aprikosen, Mirabellen, Garriguekräutern und etwas Blütenhonig. Eleganter, duftiger, fruchtiger Gaumen, alles wirkt filigran, frisch und schnörkellos, begleitet von einer saftigen Säure. Minim salziger, mineralischer und langer Abgang.

17.5/20

Andi Spichtig

Alle drei Weine sind in der Schweiz exklusiv über COOP erhältlich.

Fotos: Tesch & Weinheiten