Winzerportrait: Marco Casanova

CasaNova WeinPur AG

Einführung

Marco Casanova (49) ist in der Bündner Weinszene kein Unbekannter. Von 2008 bis 2013 arbeitete er als Reb- und Kellermeister auf dem Weingut Cicero in Zizers; die letzten beiden Jahre als Betriebsleiter. Davor war er in La Clape (Narbonne) am Aufbau von Mas du Soleilla beteiligt, einem kleinen Weingut in Südfrankreich, das mit seinen Weinen rasch zu internationaler Bekanntheit gelangte.

Der Schweizer Bioweinbau liegt weiterhin im Aufwärtstrend. Abzulesen an der von Bio Suisse zertifizierten Rebfläche. Diese hat im vergangenen Jahr um 30 Prozent zugenommen und verfügt heute über einen Anteil von 5 Prozent an der gesamten Schweizer Rebfläche

Das Weingut

Der fünf Hektaren grosse Betrieb mit den Lagen Seemühle, Fürscht und Hof wurde bis zum tragischen Tod von Daniel Eberle in vierter Generation geführt. Da sich die Nachkommen beruflich anders orientiert haben suchte man eine externe Lösung für den Walenstadter Traditionsbetrieb. Nach dem tödlichen Unfall von Eberle wurde Marco Casanova zufällig auf das Weingut aufmerksam. Der gut geführte, traditionelle Weinbau-Betrieb am Walensee hatte innert kürzester Zeit sein Interesse geweckt. Er war genau auf ihn zugeschnitten, da er schon längere Zeit mit einem eigenen Objekt liebäugelte.

Mit der offiziellen Betriebsübergabe 2014 wurde somit eine nachhaltige und erfolgversprechende Regelung gefunden. Die von Marco übernommenen Rebberge in Walenstadt/SG, gelegen zwischen den mächtigen Felswänden der Churfirsten, mit spektakulären Steillagen und dem idyllischen Walensee, wurden gleich einer Radikalkur unterzogen. Er stellte die teilweise 35-jährigen Reben auf biodynamische Bewirtschaftung um. 2015 war ein tolles Startjahr, und 2016 hatten wir durch Frühjahrsfrost, Mehltau und der Kirschessigfliege 30% Ertragsausfall. 2017 70% Ertragsausfall auf den ganzen Betrieb.

Doch unbeirrt ging Casanova seinen Weg. Sein Chardonnay Seemühle 2015 und der Pinot Noir Fürst 2015 siegten im Folgejahr 2017 in den Kategorien klassische Sorten am Wettbewerb «Schweizer Bioweinpreis 2017», durchgeführt von VINUM unter dem Patronat von Bio Suisse. Der hohe Punktdurchschnitt brachte Marco Casanova zudem den Titel «Biowinzer des Jahres 2017» ein.

Durch den biodynamischen Anbau entstehen somit Weine mit einem grossen, individuellen Ausdruck. Marcos Anspruch besteht darin, möglichst authentische, naturbelassene Weine zu keltern. Mit seinem Wissen über das „Terroir“ am Walensee sowie seinem immensen handwerklichen Können produziert er eigenständige und ausdrucksstarke Weine. Dies bedeutet nicht nur Verzicht auf Pestizide und Herbizide, sondern auch die Förderung der ökologischen Vielfalt im Rebberg. Er schaut auf eine Artenvielfalt im Rebberg: Gewisse Pflanzen werden stehen gelassen, Schmetterlinge, Feuersalamander und Insekten sollen einen Lebensraum haben. ­Biologisch arbeiten heisst auch, einen höheren Aufwand als im konventionellen Rebbau zu betreiben. Laubarbeiten sind aufwendiger. Die Bodenstrukturen müssen gelockert werden. Dies gilt ebenfalls für seinen anderen Rebberg im Zizers GR.

Die Arbeit im Keller definiert er mit den Worten «schlicht, einfach, gut und ohne Zusatzstoffe.

Kurzinterview mit Marco Casanova im Kaliforni Weingarten seines Rebbergs «Seemühle»

Was sind die Gründe, biologisch zu arbeiten?

Grundsätzlich ist das meine Lebensphilosophie. Schon früh haben meine Familie und ich auf Homöopathie und keine Schulmedizin gesetzt. Eine gesunde Ernährung war uns immer wichtig und wir leben danach. Auch die Impulse von Rudolf Steiner und seinem Landwirtschaftskursus von 1924 führten mich zu der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Ferner haben mich Nicolas Jolys Weine (Weingut Château de la Roche aux Moines an der Loire) fasziniert. Sie sind eine Provokation und entziehen sich den heute gängigen standardisierten Rastern. Für mich zählen sie zu den grössten Weissweinen der Welt.

Bist du nun schon Bio, Demeter zertifiziert?
Ja, diese Bestätigungen haben wir. 

Wie lange gehen solche Umstellungen?
2 Jahre für die Bio – und 3 Jahre für Demeter-Zertifizierung. 

Ist es gewollt, dass der Name Casa Nova im Logo spielerisch verwendet wird?
Schmunzelt. Neues Haus, neuer Keller, Neustart!

Wein pur sagt wohl aus, dass dies naturbelassene Weine sind, ist das so?
Ganz genau, es sind naturbelassene Weine. Sie werden ohne zusätzliche Hilfsmittel gekeltert. In den Reben arbeiten wir mit Produkten wie Schachtelhalm, Fenchelöl, verschiedene Tees, Backpulver, Schwefel und ganz kleine Dosen von Kupfer.

Was sind die Vorteile, Rebberge in Walenstadt zu haben?
Mir sind vor allem die Kalkböden wichtig. Die Lage ist wie im Tessin. Auch die kurzen Wege zu den Rebbergen sind mir wichtig. 

Konntest du vom leider viel zu früh verstorbenen Thomas Mattmann lernen oder profitieren?
Ich habe sehr viel gelernt von ihm. Ich habe von ihm sehr viel gelernt und einiges erfahren über die Welt des Pinots. So erzeuge ich auch Charakterweine mit viel Finesse, die zart und fein sind.

Willst du deine Rebberge noch ausbauen?
Wenn sich die Möglichkeit ergibt, kleine Ecken rund um meine Rebberge zu erwerben werde ich das tun.

Wie wirkt sich der Klimawandel auf deine Rebberge aus?
Sehr positiv. Wir haben so weniger Mehltau, weniger Schädlinge und die alte Bestockung der Rebberge (über 20 Jahre alt) hilft ebenfalls mit.

Wie hast du die Kapriolen von 2017 in den Griff bekommen?
IIm Prinzip gar nicht, da wir auf den ganzen Betrieb 70% Ausfall hatten und in einer Parzelle gar fast 90%. Anmerkung: Marco hat diese Situation mit der Idee „Kuckucks-Weine, fremde Beeren im eigenen Nest gekeltert“ überbrückt. Die Trauben stammen unter andern aus der Bielersee-Gegend, der Westschweiz und dem Tessin. Ferner hat er mit Winzerkollegen noch ein Cuvèe mit den Traubensorten Sangiovese und Syrah aus der Maremma gekeltert.

Können aus PIWI Sorten nicht auch hochwertige Weine gekeltert werden?
Momentan konzentriere ich mich hauptsächlich auf klassische Traubensorten. Ich bin aber überzogen, dass Neuzüchtungen hervorragende Weine hervorbringen. Einen interessanten Wein aus Sauvignon Soyhiéres habe ich bereits im Angebot. Den Souvignier Gris, welchen Roland Lenz keltert finde ich absolute Spitze.

Verkostungsnotizen
Da die meisten seiner Weine aus oben genannten Gründen momentan nicht oder nicht mehr erhältlich sind werde ich für Sie zu einem späteren Zeitpunkt den neuen Jahrgang verkosten und meine Notizen dann hier veröffentlichen.

Andi Spichtig

15.10.2018