Zypern, Insel der alten Rebsorten, eigenständig, charaktervoll, abseits des Mainstreams

Pressereise vom April 2019 – Teil 1

Geschichte

Es ist eine Reise in die Wiege der Weinentwicklung des gesamten Mittelmeerraumes und eine Geschichtsreise durch die langjährige, stilvolle Tradition Zyperns. Sie gehört geografisch zu Asien, wird politisch und kulturell zu Europa gezählt. Die drittgrösste Mittelmeerinsel ist 9251 km2 gross und es leben etwa eine Million Einwohner darauf. 1960 wurde sie von der damaligen Kolonialmacht Grossbritannien in die Unabhängigkeit entlassen. 1974, nach eskalierenden Auseinandersetzungen zwischen griechischen und türkischen Zyprioten, ist die Insel geteilt und durch eine Pufferzone in einen grösseren, von der Republik Zypern regierten Südteil und einen kleineren, von der Türkischen Republik Nordzypern verwalteten Nordteil (Besetzung durch die Türkei) aufgeteilt worden. Seit Mai 2004 ist die Republik Zypern offiziell Mitglied der EU und seit 2008 heisst die Landeswährung Euro. Nikosia oder Lefkosia ist nach wie vor die einzige noch geteilte Hauptstadt auf der Welt.

Für den Weinbau ist die Insel Zypern aufgrund des milden Klimas ein Paradies. Eine Entdeckung dieser Weine lohnt sich, denn sie werden aus kargen Lava- und Kalkböden hervorgebracht und haben Charakter. Eine Eigenständigkeit, die so spannend ist wie die Geschichte des Anbaus von Wein auf Zypern. Diese soll bereits 6000 Jahre alt sein. Am bemerkenswertesten für den Weinbau auf der Insel ist aber das Fehlen der Reblaus. Diese vernichtete auf dem europäischen Festland Mitte des 19. Jahrhunderts den Grossteil der Reben. Weil eben diese Reblaus den Weg auf die Insel nicht fand, gibt es dort nur wurzelechte Rebstöcke. So werden in Zypern einige einzigartige Rebsorten angepflanzt und bewirtschaftet, die es sonst nirgends auf der Welt gibt. Das historische Panorama der Insel ermöglicht es, Ausflüge in die Weindörfer der verschiedenen Gegenden zu unternehmen und die faszinierende Aussicht von den verschiedenen, mit Reben bestockten Hügeln zu geniessen. In diesen Regionen treffen sich heute Legende und Wirklichkeit.

Mit dem Zusammenbruch des Ostblockes vor gut 20 Jahren verlor Zypern seinen wichtigsten Absatzmarkt für offene Billigstweine. Keine Tragödie, im Gegenteil. Dies war der Startschuss zur Qualitätsoffensive auch für trockene Weiss- und Rotweine oder anders gesagt, Zyperns Weinbau befindet sich im Steilflug nach oben. Er wurde somit durch junge wilde, gut ausgebildete, innovative Önologen, Abkömmlinge alteingesessener Familien und einiger Investoren sozusagen neu erfunden. Diese bekennen sich Gott sei Dank immer mehr zu ihrem unvergleichlichen Erbe und erzeugen Weltklasseweine mit überzeugendem Charakter. Im Windschatten des Commandaria entwickelt sich deshalb auf Zypern eine lebendige, junge Weinszene. Nicht immer ohne Verwirbelungen. So entstand in den letzten Jahren in diesen Gebieten eine Reihe von modernsten, bestens ausgerüsteten Kellereien, die auf erstklassige, uralte, wurzelechte autochthone Sorten setzen.

Der Weinbau

Zentrum des zypriotischen Weinbaus sind die Berge der Insel im östlichen Mittelmeer. In schwindelerregenden Höhen von bis zu 1500 Meter über dem Meeresspiegel werden verschiedene Traubensorten angebaut, die später zu aromatischen Weinen verarbeitet werden. Ihren unverwechselbaren Geschmack verdanken sie dem unsteten Klima der Insel. Die trockene Hitze der Berge, welche in der Nacht abkühlt, erlaubt eine Weinherstellung fast ganz ohne Chemie. Der daraus resultierende, lange Vegetationszyklus und die späte Ernte bringen Weine mit eleganter Frucht und viel Struktur hervor, Wassermangel und Handarbeit ergänzen die einzigartige Produktionsweise und erschaffen edle Tropfen mit individuellem Charakter.

Die bekanntesten Weinanbaugebiete liegen auf über 600 Meter Seehöhe und wurden 2006 sogar unter der Bezeichnung Oinos Eleghomenis Onomasias Proelefsis, oder kurz OEOP definiert. Diese Weine müssen aus Rebbergen stammen, die höher als 600 Meter über der Meereshöhe liegen und unter anderem zu 85% aus autochthonen Rebsorten gekeltert werden. Die Vinifikation und die Abfüllung müssen in diesen Gebieten erfolgen. Dazu gehören die Regionen Commandaria im Troodos Gebirge nördlich von Limassol (14 Gemeinden). Dann die direkten Nachbarn Krasohoria Lemesou (20 Gemeinden) und Pitsilia (32 Gemeinden) und die beiden Winzergebiete Laona Akamas an der Nordwestküste (6 Gemeinden) und der Doppelbereich Vouni Panayia Ambelitis im Westen.

Die Rebfläche beträgt ungefähr 9`500 Hektaren. Etwa 17 verschiedene autochthone Traubensorten wie die weissen Xynisteri, Morokanela und Promara und die dunkelroten Maratheftiko, Yiannoudi, Mavro und Ophthalmo werden angebaut. Daneben kommen je länger je mehr auch moderne, internationale Traubensorten wie die weissen Sorten Chardonnay, Riesling und Sauvignon Blanc oder die roten wie Cabernet Sauvignon, Shiraz, Merlot, Mourvèdre und Grenache zum Tragen.

Der Grossteil der Produktion entfällt auf die vier grossen Unternehmungen Etko, Keo, Loel und Sodap mit Sitz um Limassol. Die über 50 Privatkellereien produzieren, mit steigender Tendenz, bis jetzt etwa 15 % der Menge mit zunehmend hohem Qualitätsanspruch. Diese von uns besuchten Kellereien stelle ich Ihnen nachfolgend genauer vor. Die dort verkosteten Weine werde ich in den folgenden Berichten separat Beschreiben.

Andi Spichtig

PS: Einziger Importeur in der Schweiz ist Bernhard Furler www.paphosweine.ch mit einer sehr guten Auswahl.