Kometen 2020

Alois Lageder – Südtirol

Einführung

 

Ende der 70er Jahre positionierte Alois Lageder das Weingut Ansitz Löwengang und das neu erworbene Weingut Hirschprunn um. Er kaufte neue Weinberglagen dazu und setzte auf innovative Methoden in Weinberg und Keller. Heute sind es 55 Hektaren familieneigene Rebberge. 1996 baute er eine Hightech Kellerei, welche zum Vorreiter für den Boom modernster Architektur im In- und Ausland wurde. Seit den 90er Jahren geht das Weingut im Weinbau neue Wege und stellt die eigenen Rebberge konsequent, Schritt für Schritt, auf eine biologisch-dynamische Wirtschaftsweise um. Diese beruht auf den Grundätzen der Anthroposophie, einem Welt- und Menschenbild, das vom österreichischen Philosophen Rudolf Steiner in den 20er Jahren gegründet wurde. Zertifiziert und streng kontrolliert werden die Weinberge durch Demeter. Seit 2015 wird Alois Lageder durch seinen Sohn Clemens unterstützt.

Ein wesentlicher Bestandteil des Unternehmens ist auch die Zusammenarbeit mit etwa 80 Winzerpartnern. Diese arbeiten seit Jahrzehnten entsprechend den Vorgaben und Qualitätskriterien des Weingutes für umweltschonenden und naturnahen Weinbau. Dies bedeutet, dass in der Praxis gänzlich auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, Herbizide und Kunstdünger verzichtet wird.

Auch im Keller richtet sich alles nach den Zyklen und Kräften der Natur, des Mondes, der Sonne und der Planeten. Die Kellerei ist auf zwei Grundprinzipien der Natur aufgebaut. Die Schwerkraft und der Kreis. Diese werden im rund 17 Meter tiefen Turm, der das Herzstück der Anlage bildet, ausgenutzt. Somit ist das oberste Ziel beim Keltern, das volle Qualitätspotential, das im Weinberg geschaffen wurde, durch Sorgfalt und Umsicht zu erhalten und in den Weinen umzusetzen. Die Trauben werden so schonend wie möglich gekeltert. Wichtig ist dabei der Einklang von Mensch und Natur in Synergie mit den Naturkräften. Modernste technische Hilfsmittel und Computer werden nur unterstützend eingesetzt.

Kometen 2020, Winzer mit Weitblick

 

Wie schon aus meinen früheren Berichten nachgelesen werden kann ist das auch unseren Lesern bekannteste biodynamisch arbeitende Südtiroler Weingut Alois Lageder berühmt für seine unermüdliche Experimentierfreude. Seit jeher setzt sich die Familie kontinuierlich mit den unterschiedlichsten Fragen auseinander und hinterfragt auch immer wieder die jeweilige Umgebung. Dabei wollen sie gar nicht immer Antworten auf ihre Fragen, sondern sie schaffen durch Chaos Raum für Versuche und neue Ideen.

Angefangen hat alles schon sehr früh, als der verstorbene Rainer Zierock, Weinbauprofessor in San Michele all’Adige, Rebsorten aus der ganzen Welt zusammengetragen hat und mit Alois Lageder begann, in einer für die meisten Sorten klimatisch fremden Umgebung damit zu experimentieren.

So lancierten die Südtiroler im Jahr 2017 unter dem Motto «Grenzen ausreizen» das Projekt KOMETEN. Diese erscheinen alljährlich als limitierte Editionen, einzigartig und exklusiv. Bewusst und gewollt verhalten sie sich jedes Jahr anders, tun was sie wollen, hinterlassen Eindruck und können eine bestimmte Richtung aufzeigen, nicht vergleichbar mit ihren Vorgängern, aber immer wieder neu und überraschend.

Nomen est Omen oder anders gesagt: Kometen leuchten auf, ziehen ihre Bahn und verglühen. Manche bestehen Jahre, andere nur wenige Augenblicke. Sie hinterlassen Eindruck und können eine bestimmte Richtung aufzeigen, die die Winzer in ihrem alltäglichen Schaffen leitet. Manche Kometen tauchen unvermittelt zwischen gewohnten Sternbildern auf, verglühen und verschwinden danach wieder so unerklärlich, wie sie aufgetaucht sind. Andere wiederum können zu Fixsternen und eigenständigen Weinen des Sortiments werden.

Die neu initiierten KOMETEN 2020 sind nun in Kleinstauflagen auf dem Markt und die Kellerei hat mir die einzigartige Gelegenheit geben, diese ultrarare neue Serie zu verkosten.

Dementsprechend haben die sechs KOMETEN auch spezielle Namen oder Bezeichnungen, sind einzigartig und mit einen eigenen „Fingerabdruck“. Die Etikette jeder einzelnen Flasche ist individuell gestaltet: Ein Kometenschweif, mit dem Finger aufgemalt.

Verkostungsnotizen KOMETEN 2020

 

BLA.BLA.BLA Vino Bianco

Bewunderern des Konzeptes der KOMETEN ist diese uralte, seltene, vergessen gegangene autochthone Traubensorte aus Südtirol namens «Blatterle» ein Begriff. Sie stammt aus Bozner Lagen in ca. 280 m über Meer und ihr Vorteil ist, dass sie eine sehr dünne Beerenschale aufweist. Der experimentell vinifizierte Bla.Bla.Bla ist eine Cuvée oder eben ein Verschnitt aus drei verschiedenen Jahrgängen: 2017, 18 und 19. Spontangärung teilweise auf der ganzen und entrappten Traube über 3 Wochen. Ausbau unter Hefekontakt im grossen Holzfass, Barrique und Tonneau. Nicht filtriert.

Goldgelb mit leichten Trübungen. Erstaunlich fruchtige Noten von reifen Aprikosen, exotischen Früchten, Apfelmost, weissen Blumen, Veilchen und etwas Hefe. Am saftigen Gaumen zuerst eine etwas ungehobelte Säure, welche sich aber nach kurzem Warten zu einem bekömmlichen Tropfen entwickelt, gut strukturiert, Gewürztraminer, zarte Harz- und Muskatnoten. Langer, minim bitterer, spannender und frischer Abgang.

17,5/20

TIK. XVlll Dolomiti Bianco

Der reinsortige Assyrtiko wurde in den 80er Jahren in den Margreider Lagen auf 200 Meter über Meer angepflanzt. Etwa 10% ganze Trauben werden für 3 Wochen im kleinen Stahltank spontanvergoren.  Anschliessend Lagerung unter Hefekontakt für 15 Monate in gebrauchten Barriques. Der Wein wird unfiltriert und ohne finale Schwefelgabe gefüllt.

Goldgelb mit grünlichen Reflexen und einer natürlichen Trübung. In der Nase frisch, fruchtig, grüner Apfel und minim Chlor. Am kernigen Gaumen zuerst etwas trocken und herb, belegt den Gaumen und mit einer hohen Säure, aber das Ganze verliert sich nach einer halben Stunde. Dann kommen Fruchtnoten nach Ananas, Würznoten nach Vanille, Rosmarin und eine minime Salzigkeit zum Tragen. Herrlicher, breiter und eindrücklicher Abgang. Ein spezielles Erlebnis, allerdings für Liebhaber von aussergewöhnlichen Weinen.

17.5/20

ZIE. XVlll Dolomiti Bianco

Cuvée oder eben ein gemischter Satz aus unterschiedlichsten roten und weissen Rebsorten, die teilweise bei der Lese noch unreif oder überreif sind und dementsprechend verschiedene Säuren und Zuckergrade aufweisen. Parzellen aus Margreid auf 230-330 Meter über Meer. Die roten Sorten werden direkt gepresst (daher bleibt der Wein weiss) und die weissen auf der ganzen Traube ausgebaut. Reifung auf der Vollhefe im 1000 Liter Eichenfass.

Goldgelb mit orangen Nuancen. Erstaunlich fruchtige Noten nach reifen Birnen, Aprikosen, Pfirsich, Melone, Veilchen, Lindenblüten und etwas Feuerstein. Zeigt eine wunderbare Struktur. Am feinen Gaumen komplex, gehaltvoll, vielschichtig, minim salzig, etwas Mandelgebäck und mit einem fruchtigen, eleganten Abgang. Ein überraschender Wein, der sich sehr gut trinken lässt und sicher seine Freunde bekommt.

17.75/20

PIPO 3. Dolomiti Bianco

Ganztraubenvergärung der Grauburgundertrauben aus den Rebbergen «Fünfzehner» und Margreid auf 230 Meter über Meer ohne quetschen, unverletzt und mit Stielen über mehrere Monate und mit Most aufgefüllt im kleinen Holzfass. Daher auch die leicht rötliche Farbe. Anschliessend für mehrere Jahre im gebrauchten Barrique und Tonneau gelagert. Verschnitt aus den drei Jahrgängen 2016,17 und 18.

Orange mit leichter, natürlicher Trübung.  Herrliche Frucht, fein, elegant, mit etwas Ananas, exotischen Früchten, etwas Pfirsich, Melone und rotem Rhabarber. Am lebendigen Gaumen frisch-herb, fruchtig, komplex, vielschichtig, mit jugendlichen Gerbstoffen, welche die Zähne leicht belegen, einer schönen Würzigkeit und einer feinen Säure. Dichter, vollmundiger, cremiger und eleganter Abgang.

18.25/20

 

LE TAN XVlll Dolomiti Rosso TANnat L Egger

Die Traubensorte Tannat wurde bereits vor 30 Jahren im Südtirol angebaut. Sie birgt aber jedes Jahr aufs Neue Rätsel und lässt demzufolge immer auch wieder Experimente und Interpretationen zu. Diesmal wurden die Trauben sehr früh, Ende August gelesen, um dadurch die belebende Säure, Leichtigkeit und Frische des Tannats hervorzuheben.

Helles, leicht trübes Rubinrot. In der eher dezenten Nase fruchtig, fein, elegant und mit Noten nach Pfeffer, Würze, Waldboden und nassem Stein. Gerade entkorkt sind die Gerbstoffe heftig und die Frucht mehr als dezent. Nach einer halben Stunde ändert das krass und es zeigen sich Fruchtnoten nach getrockneten Kirschen, Erdbeeren, Brombeeren und eine schöne Würze. Die Tannine sind straff, fein und nun gut eingebunden. Ein Wein mit mittlerem Körper und einem ordentlichen Abgang.

17.5/20

LE LA XVlll Dolomiti Rosso LAGrein Leggero

Gewollt leichter Lagrein, der früh gelesen und nur 4 Tage auf der Maische belassen wurde. Anschliessend Lagerung in gebrauchten Barriques. Die Stilistik kommt einem Beaujolais oder einem «vino leggero» nahe. In der Schweiz würden wir ihn als Landwein klassieren. Gelesen in der Lage «Am Sand» in Margreid auf 240 bis 370 Meter über Meer.

Erstaunlich dunkles Rubinrot mit minimen Trübungen. In der Nase fruchtig, fein, elegant, feinwürzig, blumig und etwas hefig. Gut strukturiert mit Aromen von Veilchen. Am frischen Gaumen reife Kirschen, herb, etwas Bazooka Kaugummi Flavour, präsenten Tanninen und einer ordentlichen Säure. Herrlich leichter, vielschichtiger Abgang.

18/20

Resümee

Jeder dieser Weine ist auf seine Weise speziell, nicht alltäglich und schlussendlich auch eine Geschmacksache.

Allerdings habe ich persönlich bei dieser Verkostung 3 Erkenntnisse gewonnen, welche ich hier gerne als Tipp weitergebe:

  1. Die Weissweine auf keinen Fall zu kalt trinken.
  2. Alle Weine eine halbe Stunde vorher öffnen
  3. die durch die fehlende Filtration und meist ohne finalen Schwefelzusatz bedingten Trübungen stören überhaupt nicht.

Andi Spichtig

https://aloislageder.eu/