Das grosse Interesse für Schweizer Weisswein hat sich auch an der Anzahl der vielen Anmeldungen wieder gespiegelt. Petite Arvine gehört wohl nicht nur zu meinem Lieblings Weissweinen. Wir waren alle gespannt auf die Weine welche uns das “Fletschhorn” ausgesucht hatte. Ich habe noch ein Wein vom Coop mit eingebaut.

Für viele Degustanten/innen waren die Weine zu warm, wir hatten sie auf 13 Grad gekühlt, was wohl eher die obere Temparaturgrenze darstellt. Das Spektrum der Weine war breit und interessant. Die einen waren auf der frisch – knackigen, die anderen mehr auf salzig – fetten Seite. Die Durchschnittsbewertung zeigt sich sehr ausgeglichen, spiegelt jedoch in keiner Weise die Polarität der Eindrücke und Meinungen der Degustierendenen wieder. Am Beispiel von 2 Weinen möchte ich das kurz erläutern: Der Cave Saint Mathieu 2008 von Jean-Louis Mathieu wurde mit 13.5/20 bis 19/20 Punkte bewertet und der Petite Arvine Bibacchus 2010 mit 14/20 bis 18.5/20 Punkten bewertet. Mit persönlich haben beide auf ihre Art sehr gefallen und waren meine Favoriten.

Fazit: Eine sehr interessante Rebsorte, die spannende, vielfältige Weine auf hohem Niveau verspricht. Die Preisspanne ist angesichts der durchweg guten Qulitäten erstaunlich.

Prost Pascal Burckhardt

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Bericht von Jean Francois Guyard.

Wenn es sich darum handeln würde, die beste und zugleich spannendste Rebsorte der Schweiz auszuwählen, könnte die Wahl ausschliesslich auf eine einheimische Spezialität fallen. Obwohl die Weine, welche aus Syrah, Pinot Noir oder Merlot gewonnen werden, auch grossartig sein können, besitzen die Weine aus den Traubensorten Petite Arvine, Amigne, Completer, Humagne oder Cornalin genauso viel Charakter und Eigenständigkeit wie die Eidgenossen selbst. Nicht zuletzt darf hervorgehoben werden, dass ein unbestreitbarer Vorteil der wirtschaftlichen Globalisierung darin besteht, dass ein nicht zu unterschätzender Teil der Bevölkerung der dadurch betroffenen Länder ein wachsendes Interesse für exklusive Produkte zeigt. Es betrifft die verschiedenen Salzarten genauso wie den Wein, die Rinderrassen genauso wie die Rebsorten. In diesem Kontext darf die Schweiz stolz darauf sein, nicht zwangsläufig dem westlichen Nachbarland nachzueifern, sondern sich vor allem auf Winzer zu verlassen, welche den Ausdruckreichtum unserer einheimischen Rebsorten voll und ganz zur Geltung bringen.

In diesem Sinne gehört die Petite Arvine eindeutig zu den Schweizer Spezialitäten. Im Rahmen ihrer monatlichen Verkostungen setzten sich die Mitglieder von Weinheiten dafür ein, eine Degustation einer Selektion dieser Rebsorte durchzuführen. Sieben ausgewählte Erzeugnisse wurden durch 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verkostet und bewertet. Die Ergebnisse gaben Anlass zu vielen angeregten Diskussionen. Die sieben Weine wurden alle mit zwischen 16 und 16.53/20 bewertet. Die Meinungen/Bewertungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren aber so breit gestreut, das es bei der Durchschnittsbewertung keinen überlegenen Sieger gegeben hat.

Petite Arvine Chamoson 2009 Simon Maye&Fils

Das Weingut, dessen Syrah 2001 November 2007 durch die berühmte Grand Jury Européen ausgezeichnet wurde, gehört zu den Walliser Klassikern.

Die klare, sehr hellgelbe Petite Arvine de Chamoson enthüllt zunächst eine zurückhaltende Nase, welche sehr viel Luft verlangt. Gewisse Teilnehmer der Verkostung befanden einen leichten Stinker, welcher allerdings mit der Zeit durch ausgewogene, salzige aber auch relativ kräftige Aromen von Rhabarber, Äpfeln und Zitrus ersetzt wird. Ein Teilnehmer findet sogar Noten weisser Rosen. Im dichten, ja sogar öligen und extraktreichen Gaumen gefällt die typische Salzigkeit, welche sich mit der Restsüsse ausgleicht. Der Abgang zeigt sich lang und fruchtig. Die alkoholische Note wird sich mit der Zeit schön einbinden und der Wein dürfte sehr schön altern können. Aktuell spielt dieser Wein mehr mit seinen Muskeln als mit der vorhersehbaren Finesse. Noch mindestens fünf Jahre warten. 17/20.

Petite Arvine Les Bernunes Sierre 2009 Nicolas Zufferey

Es dominieren delikate und kompakte Aromen von Ananas und Zitrus. Was allerdings dadurch gestört wird, dass die Nase sehr viel Zeit beansprucht, bevor sie ihre Harmonie findet. Zwischenstadien von animalischen Noten bis zu Kräutern und Pfeffer. Also im Voraus dekantieren oder warten. Im harmonischen, körperreichen, leicht prickelnden Gaumen gleichen sich die Restsüsse, die (bereits in der Nase merkbare) Salzigkeit und die Säure sehr schön aus und verleihen dem Wein sogar eine gewisse exotische Note. Frische Fruchtnoten ergänzen das Bild. 17/20.

Petite Arvine de Leytron 2009 Gilbert Devayes

Gilbert Devayes gehört zu dieser Kategorie besonders begabten Winzern, welche zu noch mehr Erfolg in der Deutschschweiz gelangen dürften, als es schon der Fall ist. Seine Petite Arvine de Leytron (eines der besten Terroirs der Weinbauregion Wallis) 2009 braucht sehr viel Luft und/oder Zeit, um zunächst ihren animalischen Charakter zu bezwingen (ein Teilnehmer findet ihn nach Gummi riechend), um dann Rhabarber, Mirabellenkompott, Zitrus, Subtilität und Komplexität zu offenbaren.

Der Gaumen zeigt sich mineralisch, salzig, leicht bitter und bietet schöne pfeffrige Noten. Der Abgang wirkt mittellang. 17/20

Petite Arvine Cave Saint Mathieu 2008 Jean-Louis Mathieu

Bei diesem Wein gingen die Meinungen stark auseinander. Die einen fanden ihn grossartig, die anderen konnten nichts damit anfangen. Zitronengelbe Farbe. Das mineralische und relativ subtile Bouquet bietet nicht nur Graphit, sondern auch Ananas, Mirabellen, Rhabarber und ein Hauch feuchtes Gras. Vielleicht sogar Limetten. Eine Teilnehmerin findet Noten von Veilchen und von Maiglöckchen. Im Gaumen fällt eine geniale Säure zunächst auf, welche darauf hindeutet, dass der Wein schön altern könnte. Honig, Petrol, eine grüne Note bilden seine aromatische Palette. Im Weiteren scheint die Salzigkeit den Körper umzuhüllen. Langer Abgang. Leider wirkt dieser Wein nach einer Weile eher Belanglos, ohne sich von der grossen Masse abheben zu können. 15/20

Petite Arvine de Chamoson 2009, Cave La Bacholle, Jacques Rémondeulaz & Fils

Der Winzer hat eindeutig die Grenze des Machbaren aus seinen Reben herausholen wollen. Auch wenn dieses Resultat (glücklicherweise) nicht überreif geworden ist, so darf gefragt werden, ob es das Ergebnis eines glücklichen Zufalls war. Dennoch bereitet dieser Wein viel Spass. Sein Bouquet duftet nach Honig, Pollenblüten, Äpfel und Birnen, frischen Früchten und wirkt relativ exotisch, wobei es zugleich sehr viel für die Zukunft verspricht. Dennoch sollte nicht zu lange gewartet werden, das Risiko einer oxydativen Entwicklung besteht. Im ausgewogenen, kompakten, dennoch alkoholischen, aber auch relativ frischen Gaumen lassen sich die Salzigkeit (ähnelt Meersalz), die Säure und eine nicht zu unterschätzende Süsse klar erkennen. Ein Teilnehmer findet den Gaumen flach vorne und kurz hinten. Eine unerwartete und untypische Petite Arvine, welche im Abgang Eindrücke von „Alcool à brûler“ oder von Whisky hinterlässt. 16/20

Petite Arvine Savièse Octoglaive 2009 Domaine Cornulus

Mit diesem Wein bezeugen Stéphane Reynard & Dani Varone ein Mal mehr ihr beneidenswertes Können. Es stimmt allerdings auch, dass die Weinreihe Octoglaive für ihre ausserordenliche Rasse berühmt ist. Eine umwerfende Komplexität offenbart sich in der Nase. Etwas mineralisch, etwas verhalten und elegant, etwas Süsse, Lakritzewurzel, weisser Pfeffer, Kiwi, ja sogar Artischocken. Im tiefen, frischen und ausgewogenen Gaumen fällt die geringe Kohlensäure auf, welche darauf hindeutet, dass der Wein viel zu jung ist. Unbedingt warten! Grossartige Süsse, ein straffer Wein mit einer tollen Mineralität und einer guten Säure. Das Finale zeigt enorm viel Kultur. Kaufen! 17/20.

Petite Arvine Bibacchus 2010, Les Celliers de Sion (Varone & Bonvin)

Dieser Wein bildete die Falle der Verkostung und teilte die Meinungen auf spannender Art. Am Ende der Verkostung fragten sich die Erfahrenen Verkoster, wie sie es geschafft hatten, den Wein so hoch zu bewerten… Verhaltenes Bouquet mit etwas Süsse und einem exotischen Charakter. Feuchtes Gras und Blüten ergänzen das Bild. Im ausgewogenen, nach Aprikosen schmeckenden, fleischigen Gaumen fällt die Kohlensäure auf. Der mineralische Körper zeigt sich dicht und ziemlich kompromisslos. Eine geniale Säure begleitet das Ganze und spielt mit der Süsse wunderschön zusammen. Ein Teilnehmer bezeichnet diesen Wein als künstlich ausgebaut. 18/20.

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